Geschichte des „Schänzchens“

Ursprünglich war das Gelände des „Schänzchens“ ein Teil des Römerlagers castra bonnensia (erbaut um 43 n.Chr.), in dem die Legio I Germanica und später die Legio I Minervia stationiert waren. Das Rosental war die südöstliche Ecke des Lagers. Aus dieser Zeit stammt vermutlich ein alter römischer Brunnen, der noch heute im Anbau des heutigen Verbindungshauses (Jarreszimmer) zu sehen ist. An die römische Geschichte des „Schänzchens“ erinnert auch die Bronzeplatte in der Bruchsteinmauerrundung (die aktuelle ersetzt seit 1995 die Vorgängerin aus dem Jahr 1929).

Das rote Sandsteinrelief in der Basaltmauer zum Rosental stammt zwar aus dem Jahr 1904, spielt aber auch auf die römische Vergangenheit an. Es ist ein Geschenk des Bildhauers Harro Magnussen zur Einweihung des alemannischen Verbindungshauses. Die lateinische Inschrift lautet: „CASTRIS PER ALEMANNOS CAPTIS ULULANDUM EST ROMANIS CUM LUPIS VEL POTIUS VULPIBUS“ („Nachdem die Alemannen das Lager eingenommen hatten, müssen die Römer mit den Wölfen oder besser mit den Füchsen heulen“). Der Text ist ein Ulktext, denn nicht die Alemannen, sondern die Franken verdrängten die Römer. „Alemannen“ ist eine Anspielung auf die jetzige Alemannia und „Füchse“ meint die neuen Mitglieder der Studentenverbindung.

Zu seinem Namen kam das „Schänzchen“ aber erst etliche Jahrhunderte später. 1583 – im Truchsessischen Krieg – wurde an dieser Stelle ein Erdgraben ausgehoben, um den Belagerern der Stadt Bonn den Nachschub abzuschneiden. Der militärische Name für eine solche Anlage lautet „Schanze“, und im Laufe der Jahre, in denen diese Schanze nicht mehr genutzt wurde, wurde sie zum beschaulichen „Schänzchen“.

Schon Ende des 18.Jahrhunderts ist am „Schänzchen“ ein Ausflugslokal nachweisbar, das insbesondere von den Bonner Studenten frequentiert wurde. Auch die Mitglieder der Fridericia (unsere 1843 gegründete Mutterburschenschaft) verkehrten regelmäßig auf dem „Schänzchen“. So wurde auf dem „Schänzchen“ damals das auch heute noch gern gesungene Mailied „Der Mai ist gekommen“ (Text: Emanuel Geibel; Vertonung: Justus Wilhelm Lyra, Mitglied der Fridericia) oft gesungen, als Lyra hier mit seinem Studentenchor übte. Noch heute singen die Alemannen den Mai mit dem Lied Lyras, unter seiner Büste stehend an, die sich in der Nische der Bruchsteinmauerrundung befindet. Das 1904 von Harro Magnussen als Marmorbüste geschaffene Original wurde im 2. Weltkrieg so stark beschädigt, dass es 1954 entfernt und erst 1994 als Bronzenachguss wieder aufgestellt wurde.

Auch die Alemannen verkehrten seit 1849 (mit Unterbrechungen) auf dem „Schänzchen“, das in den 1880er Jahren zu ihrem festen Treffpunkt wurde. Die jungen Studenten tranken hier stets auf Pump (Kredit), was immer wieder zu Reibereien mit den Wirten führte. Irgendwann waren die Schulden derart hoch angelaufen und der Wirt pleite, dass eine Gruppe von Alten Herren sich zum Kauf des Areals inklusive der Gaststätte entschloss, als es zum Verkauf stand. Dies war im Jahr 1884 der Fall, der Kaufpreis betrug 41.000 Mark. Zu diesem Zweck wurde eine Aktiengesellschaft gegründet, aus der letztlich der Verein alter Bonner Alemannen e.V. im Jahre 1904 hervorging. Kurz darauf baute man ein Haus, das den Mitgliedern der Alemannia als Verbindungshaus dienen sollte. Der Erweiterungsbau wurde am 31.5.1887 nach knapp 2 Jahren Bauzeit eingeweiht.

Doch dieser Bau hatte von Anfang erhebliche Mängel und wurde nie richtig trocken. Außerdem wuchs die Zahl der Mitglieder und die Nähe der Gaststätte wurde zunehmend als störend empfunden. Daher entschloss man sich, die bisherigen Gebäude abzureißen und durch einen repräsentativen Neubau zu ersetzen, dessen Grundstein 1903 gelegt wurde. Die schönen Kastanien blieben stehen, von der alten Gaststätte blieb nur die Kegelbahn parallel zum Rhein. Zur Mitfinanzierung wurde der nördliche Grundstücksteil verkauft (nach dem 2. Weltkrieg stand hier lange die Residenz des dänischen Botschafters, heute ein Appartementhaus).

Das heute noch stehende Verbindungshaus, ebenfalls „Schänzchen“ genannt (Rosental 105) wurde im August 1904 anlässlich des 60. Stiftungsfestes der Alemannia feierlich eingeweiht.

Im Laufe der Jahre kamen Anbauten hinzu. So wurde 1928 der nördliche einstöckige Anbau (Jarreszimmer) errichtet, an den später ein Küchentrakt angebaut wurde. Außerdem wurde das Nachbarhaus Rosental 103 1926 für 9.500 Mark erworben und zu einem Wohnheim („Burse“) umgebaut, 1960 abgerissen und durch einen Neubau ersetzt, der zuletzt 1998 komplett saniert wurde. In ihm ist heute das Studentenwohnheim „Schänzchen“ (8 Zwei-Zimmer-Appartements); untergebracht.

Das eigentliche Verbindungshaus wurde immer wieder im Inneren umgebaut. Im 2. Weltkrieg wurde es zwar nicht direkt getroffen, aber im Zuge der großen alliierten Bombenangriffe im Oktober 1944 und Januar 1945 durch Luftminen stark beschädigt („durchgepustet“). Außerdem wurde es vom Bonner „Mob“ 1945 geplündert.

Die Alten Herren gingen trotz der wirtschaftlichen Not daran, das Haus wieder zu sanieren. Nach Umbauten im großen Saal (Kneipsaal) 1962 fand die letzte große Renovierung, bei der der alte Zustand des Kneipsaals und des 1. Obergeschosses weitgehend wiederhergestellt wurden, 1989/90 statt. Die Fassade des „Schänzchens“ wurde 1981 im Fassadenwettbewerb der Stadt Bonn ausgezeichnet.

Zudem wurde ab dem Jahre 1990 die gastronomische Tradition des „Schänzchen“ wiederbelebt: Der Bayrische Biergarten „Schänzchen“; auf der herrlichen Kastanienterrasse ist seitdem (abgesehen von einer 4-jährigen Unterbrechung 1991 – 1995 wegen juristischer Auseinandersetzungen) im Sommer durchgehend geöffnet.